Zu Fuß durch die trockenste Wüste der Erde, die Atacama Wüste in Chile. Und dass auch noch alleine, ohne jegliche Unterstützung von außen. Ich muss zugeben, mein Vorhaben klang verwegen. Aber genau so sollte mein neues Wüstenprojekt aussehen.
Was ich beim Start allenfalls ahnte, auch diese Expedition sollte eine Tour zwischen Genuss und Tortur werden. Aber genau das ist es ja, was mich an Projekten dieser Art so fasziniert.
Wie immer vor einem solchen ungewissen Trip, waren die Wochen davor mit allerlei hektischer Betriebsamkeit ausgefüllt. Schon Monate vor dem eigentlichen Start einer Expedition, bin ich im Geiste unzählige Male vor Ort.
Die Atacama Wüste im Kopf
In dieser Phase lege ich das Fundament, für das Gelingen meines Vorhabens. Wohlwissend, dass Vieles dann doch anders kommen wird. Aber genau das ist ja das Faszinierende daran. Der Spagat zwischen sorgfältiger Planung und der Flexibilität, auf unvorhersehbare Ereignisse unterwegs eine schnelle, zielführende Lösung zu finden.
So holte ich mir gewissermaßen die Atacama Wüste nach Hause, weil ich Im Geiste bereits unzählige Male in ihr unterwegs war. Ich vertiefte mich in die Karten und Satellitenaufnahmen und machte mir - so gut es eben ging - ein genaues Bild von dem, was mich dort erwarten würde. Zu meiner Vorbereitung gehört auch ein spezielles Mentaltraining.
Ich gehe so konkret wie möglich alle Knackpunkte der Tour vor dem geistigen Auge durch und visualisiere die Strategien, die ich mir für deren erfolgreiche Bewältigung, zurechtgelegt habe.
Wo kein Weg und kein Wasser ist
Die größte Schwierigkeit im Vorfeld der Durchquerung der Atacama Wüste, war die Routenplanung und das Anlegen von Wasserdepots. Letzteres war besonders von Bedeutung, denn auf meiner geplanten Route würde ich nirgendwo die Gelegenheit haben, Wasser aufzunehmen.
Ich kalkulierte den täglichen Wasserverbrauch auf 6-8 Liter. Aus Gewichtsgründen würde ich also immer nur für maximal zwei Tage Wasser auf meinem Gepäckanhänger mit mir führen können.
Die Route plante ich mit Hilfe von Google Maps. Die Satellitenaufnahmen ließen aber nur bedingte Rückschlüsse auf das Gelände zu. An welcher Stelle ich genau die ein oder andere Gebirgskette überqueren konnte, musste ich wohl erst vor Ort im Detail entscheiden. Ich plante ebenso gut wie nur eben möglich.
Besondere Sorgfalt war bei der Planung der Wasserdepots geboten, denn die musste ich ja später auf jeden Fall finden, sonst würde die Expedition in einem Fiasko enden. Sie waren sozusagen meine Lebensversicherung.
In 10 Tagen habe ich die trockenste Wüste der Welt im Norden Chiles zu Fuß und damit Chile von Ost nach West durchquert. Die Gesamtlänge der Route betrug 406 Kilometer. Startpunkt war die argentinische Grenze östlich von Sand Pedro de Atacama auf 5000m über Meereshöhe.
Zielpunkt war Antofagasta, die zweitgrößte Stadt Chiles, an der Pazifikküste sein. Ich war dabei komplett auf mich alleine gestellt und habe meine Ausrüstung und Verpflegung für die ganze Strecke auf einem umgebauten Fahrradanhänger hinter mir hergezogen.
Das Startgewicht des Anhängers betrug ca. 30 Kilogramm. Die Wasserversorgung stellte ich durch vorher angelegte Wasserdepots sicher.
Besondere Schwierigkeiten unterwegs: Schlimme Blasenbildung an den Füßen, heftiger Reizhusten, schweres Vorankommen auf sandigem und steinigem Untergrund, Festsetzung durch Sicherheitsleute einer Minengesellschaft, letztes Wasserdepot verschüttet.
Endlich gehts los - Aufbruch nach Chile
Nach meiner Ankunft in Antofagasta nahm ich den gebuchten Geländewagen in Empfang und machte mich sofort auf den Weg. Ich versuchte immer so nah wie möglich an die geplanten Depots heranzukommen.
Doch einige der Koordinaten erreichte ich nur über längere Märsche. Ich trug dann zwei 1o-Liter-Wasserkanister im Rucksack bis zur geplanten Stelle und markierte das Depot mit einem blauen Fähnchen.
Ich legte so in den ersten 3 Tagen bereits mehr als 60 Kilometer zurück. Die Logistik-Märsche hatte ich bewusst so geplant, waren sie doch eine exzellente Eingewöhnung und dienten mir vor allem auch zur Akklimatisierung.
Letzteres war besonders wichtig, denn mein Startpunkt an der argentinischen Grenze befand sich immerhin auf 5000 m Höhe. Auch wenn mein Ziel Antofagasta direkt am Meer lag, verlief der Großteil meiner Route auf einer Höhe von ca. 2500 Metern über Meeresniveau.
Nach Argentinien bitte schön
Endlich war ich richtig unterwegs. Ein Tour Bus hatte mich an der Grenze zu Argentinien, meinem Startpunkt, abgesetzt. Ich wurde damit innerhalb kürzester Zeit von knapp 2300 auf 5000 Höhenmeter befördert. Und dies bekam ich schon bald zu spüren.
Wie immer war ich auf den ersten Kilometern regelrecht euphorisch. Ich genoss das unbeschreibliche Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung und war voll freudiger Erwartung auf das bevorstehende Abenteuer Atacama Wüste.
Der Tag hatte denkbar ungünstig begonnen. Ich hatte doch glatt meinen Uhrwecker verpennt und so den Tour Bus, der mich eigentlich mitnehmen sollte, verpasst. Also lief ich ein Stück aus San Pedro heraus und versuchte mich als Anhalter.
Nun ist auf dieser Strecke nicht gerade viel los, aber trotzdem hatte ich das Glück, den wohl letzten Tour Bus, der San Pedro verließ zu überzeugen, dass er mich unbedingt mitnehmen müsste. Was dieser dann gegen ein saftiges Entgelt auch tat.
Jetzt war alles gut! Es bot sich mir ein grandioser Blick über schneebedeckte Vulkangipfel der Anden und die Atacamawüste lag in ihrer ganzen Pracht und endlosen Weite zu meinen Füßen. Ein wolkenloser, tiefblauer Himmel bot den passenden Kontrast dazu. Einfach grandios.
Vergessen war damit der etwas holprige Start in den Tag. Doch es sollte noch viel holpriger werden.
Ein Intro mit reichlich Quälerei
Ich war zügig unterwegs. Doch schon bald merkte ich, wie sich meine Atemfrequenz steigerte und ich immer kurzatmiger wurde. Zudem bekam ich Kopfschmerzen. Ich fühlte mich schlagartig um Jahre gealtert. Die Höhe forderte ihren Tribut.
Das Fortbewegen wurde so schnell mühsamer als ich es je zuvor erlebt habe. Zum Glück begann das Terrain bald wieder zu fallen und die Symptome ließen nach ein paar Stunden wieder nach.
Der wahre Feind sollte von ganz anderer Seite kommen. Wie sich schon bald herausstellte, hatte ich mich für die falschen Schuhe entschieden. Ich hatte mich für einen sogenannten Approach-Schuh, der speziell für den Zustieg zum Berg über steiniges Terrain gedacht ist, entschieden. Das sollte sich rächen.
Der Schuh war zwar leicht und bot genug Halt, hatte jedoch keine seitlich vernähte Zunge. Er ließ sich nicht optimal schnüren und durch das Gehen entstanden im Leder kleine Wölbungen, in die immer wieder kleine Steine eindrangen. Mit der Konsequenz, dass sich innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Blasen entwickelten.
Sollte meine Durchquerung der Atacama Wüste bereits am ersten Tag scheitern?
Das kam für mich überhaupt nicht in Frage! Also musste eine schnelle Lösung her. So beschloss ich, zurück nach San Pedro zu gehen, in der Hoffnung, mir dort einen wüstentauglichen Schuh besorgen zu können. Zwar war San Pedro de Atacama Ausgangspunkt vieler Outdoor-Aktivitäten, aber das Angebot an vernünftiger Ausrüstung doch sehr bescheiden.
Um es kurz zu machen, ich hatte keine Auswahl, denn es gab überhaupt nur ein Paar Trecking Schuhe in meiner Schuhgröße, dass in Frage kam. Trotzdem war ich überglücklich, denn ansonsten wäre wirklich an der Stelle schon Schluss gewesen.
Meine Freude über den Fortgang der Expedition wurde nur durch meine arg ledierten Füße getrübt. Wegen des Umwegs über San Pedro, wuchs meine Marschstrecke am ersten Tag auf über 60 Kilometer.
Meine Füße fühlten sich wie ein einziger matschiger, blutiger, schmerzender Klumpen Fleisch an und meine Leidensfähigkeit wurde bereits am ersten Tag arg auf die Probe gestellt.
Es sollte aber längst nicht die letzte Probe meiner
Leidensfähigkeit und Geduld auf dieser Tour sein!
Ein steiniger Weg mit Hindernissen
"Durchs Meer der Steine", so der Titel des
Artikels, der in der Rhein-Zeitung über meine Durchquerung der Atacama-Wüste
erschienen ist. Die Atacama ist tatsächlich eine riesige Steinwüste, weitgehend
ohne Wasservorkommen.
So war meine größte Sorge, ob ich die von mir im Vorfeld der
Wüstendurchquerung angelegten Wasserdepots auch finden würde.
Daher war es ein gutes Gefühl, mein erstes Wasserdepot nach
meinem unfreiwilligen Umweg über San Pedro unversehrt vorzufinden. Ich war
glücklich. Aber auch unruhig, denn am nächsten Morgen musste ich einen Weg
durch einen Höhenzug, die Domeyko, finden.
Deswegen brach ich früh am nächsten Morgen auf. Nach einigen erfolglosen Versuchen einen Durchgang durch die steilen Felswände zu finden, stieß ich auf eine sich am Boden wage abzeichnende Fahrspur.
Es war nicht wirklich ein Weg auszumachen, aber ich wusste, dass die Einheimischen mit Geländefahrzeugen gerne auch querfeldein unterwegs sind. Somit hoffte ich, dass die Spur auch tatsächlich ganz durch die Domeyko führen würde.
Diese machte zahlreiche Windungen tief in diese bizarre Felsenlandschaft hinein. Navigieren mit Kompass war nicht mehr möglich. Das GPS war eh nutzlos. Also konnte ich nur noch der Spur in der Hoffnung folgen, dass der Weg konsequent aufs Hochplateau führen würde. Und so war es dann auch.
Aber es war echte Schwerstarbeit. Nur mühsam schleppte ich meinen 25 kg schweren Anhänger Meter für Meter in die Höhe. Zudem quälten mich die zerschundenen Füße.
Vom Schinden, Quälen und Hochgenuss
Meine Zehnen brannten wie Feuer. Jeder Schritt wurde zur
Qual. Jeder Druckpunkt, besonders wenn der Fuß tief in den weichen
Gerölluntergrund einsank, verursachte höllische Schmerzen.
Ich versuchte den Schmerz durch die Verringerung der
Abrollbewegung etwas zu mindern, was sich aber als sehr kraftraubende Art des
Gehens herausstellte. Ich fluchte und haderte mit meinem Schicksal. Auch an dem
Hersteller des ersten Paar Schuhe ließ ich kein gutes Haar. Obwohl ich wusste,
dass es letztlich mein Fehler war.
Doch alles Jammern half mir nicht wirklich weiter. So
schaltete ich in den sogenannten "Leidensmodus", einen mentalen
Zustand, den ich mir angeeignet hatte, um klaglos extreme Situationen
anzunehmen und aushalten können. Und was soll ich sagen, es funktionierte mal
wieder prächtig!!
Abends im Zelt konnte ich vor Schmerzen oft stundenlang nicht einschlafen. Es hatten sich nämlich noch zwei weitere Umstände hinzugesellt, die meine Leidensfähigkeit aufs äußerste strapazierten. Ich wurde ab dem dritten Tag von einem heftigen, trockenen Reizhusten gequält.
Manchmal hatte ich das Gefühl, es würde mir beim Husten meine Lungenflügel zerreißen. Meine Atemwege fühlten sich wie mit Schmirgelpapier bearbeite an.
Und als ob das alles nicht mehr als genug an Leiden bedeutet
hätte, waren meine Lippen komplett sonnenverbrannt. Und das obwohl ich sie mit
einem guten Lippenschutzbalsam regelmäßig eingerieben habe. Die stundenlange
Strahlung der gnadenlos von einem vollkommen wolkenlosen Himmel scheinenden
Wüstensonne, forderte ihren Tribut.
Ich kannte das von Grönland. Dort hatte ich ähnliches
auszuhalten. Jeder der sich einmal die Lippen total verbrannt hat weiß, welche
unerträglichen Schmerzen damit - besonders beim Essen und Trinken - verbunden
sind.
Die Atacama Wüste bot mir das volle Programm an Qualen und Leiden ab. Und trotzdem genoss ich dieses unbeschreibliche Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung. Hinzu kamen die beeindruckende Weite und bizarre Schönheit der Atacama Wüste. Ich fühlte mich wie der einzige Mensch auf einem fernen Planeten und war glücklich.
Gefangen in der Atacama Wüste
Dieser wunderbare Gleichklang von Leiden und Hochgenuss
wurde kurz vor Ende meiner Durchquerung der Atacamawüste jäh unterbrochen. Um
mir einen riesigen Umweg entlang einer Straße zu ersparen, musste ich den äußeren
Zipfel des Geländes einer Minengesellschaft durchqueren. Es gab hier weder eine
sichtbare Begrenzung in Form eines Zauns noch irgendwelche Warnschilder.
Nach kurzer Zeit machte ich in der Ferne eine riesige Staubfahne aus, die sich schnell näherte. Zwei Pickups mit blickenden gelben Warnleuchten auf dem Dach rasten auf mich zu. Als diese mich erreichten, sprangen sofort mehrere Personen heraus, stürzten sich förmlich auf mich, redeten wild auf mich ein und zerrten mich in einen der Trucks.
Ich war völlig perplex und wusste nicht wie mir geschah. Da ich kein Spanisch spreche, verstand ich natürlich kein Wort.
Wenig später fand ich mich in einer Art Verhörraum wieder.
Ich kam mir vor wie ein Schwerstkrimineller. Ich wurde gezwungen, meine
Oberbekleidung abzulegen, während mein Gepäck komplett auseinandergenommen
wurde. Endlich sprach mich ein wichtig daherkommender älterer Herr in
gebrochenem Englisch an.
Wie sich dann herausstellte, ist das Territorium einer
Minengesellschaft eine Art Hochsicherheitsgebiet und ich war dort unerlaubt
eingedrungen. Nachdem den Leuten wohl nach und nach klar wurde, dass von mir
nun wirklich keine Gefahr ausgehen würde, entspannte sich die Lage deutlich.
Es gab dann sogar einen Kaffee und eine Flasche
Mineralwasser als weitere Marschverpflegung. Man gab mir aber auch
unmissverständlich zu verstehen, dass ich das Gelände umgehend zu verlassen
habe. So brachte man mich zur Zufahrtsstraße an den Haupteingang.
Ich war völlig frustriert. Bedeutete dass doch einen Umweg von gut einem Tag. Es half nichts, ich musste mich auch mit dieser unerwarteten Wendung bestmöglich arrangieren.
Das verschollene Wasser-Depot
So marschierte ich anderthalbtage an einer Staubpiste entlang. Ständig donnerten die riesigen Sattelzüge der Minengesellschaft an mir vorbei und hüllten mich in eine dichte Staubwolke.
So hatte ich mir meine Atacama Durchquerung keineswegs vorgestellt. Zudem passte nun meine Wasser- und Verpflegungskalkulation nicht mehr. Ich hatte doch etwas mehr verbraucht als geplant und so war meine Reserve bereits weg.
Aber mein nächstes Wasserdepot war ja nicht mehr weit. Doch schon als ich mich dem Depot näherte ahnte ich Böses. Überall frische Erdablagerungen. Von meinem Wasserdepot keine Spur.
Die Landschaft sah gänzlich anders aus als auf dem Foto, dass ich sicherheitshalber auch von diesem Depot gemacht habe. Bis auf einen kläglichen Rest, war mein Wasser aufgebraucht. Und ich hatte bereits jetzt einen Riesendurst.
Es half nichts, ich musste meine Pläne wieder ändern und früher als geplant zur Panamericana. Dadurch würde ich auf dem schnellsten Weg nach Antofagasta kommen. Damit lag dann auch der eigentliche Teil meiner Atacama Wüstendurchquerung hinter mir. Da an der Panamericana immer irgendwo gebaut wird, stieß ich schon bald auf Bauarbeiter.
Geschafft - die Wüste liegt hinter mir
Deren Hilfsbereitschaft überwältigte mich. Sie ließen mir keine Chance ihre Lunchpakete nicht anzunehmen und füllten meine Wasservorräte mehr als großzügig auf. Obendrein gab es noch eine wunderbar erfrischende, kühle Cola. Wie herrlich das Leben doch schlagartig wieder sein kann!
Allen Widrigkeiten zum Trotz erreichte ich nach 11 Tagen
glücklich, aber erschöpft und von der Sonne verbrannt mein Ziel Antofagasta an
der Pazifikküste. Und zur Belohnung gab es ein Rieseneis.
Die Atacama Wüste ist nun ein Teil von mir und wird mein
Leben auf ewig bereichern. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Die Wüste Gobi gehört zu den unwirtlichsten Landstrichen dieser Erde. Schon als Kind habe ich Sven Hedins “Durch Asiens Wüsten” regelrecht verschlungen. Für mich stand bereits damals fest: irgendwann werde auch ich durch die Wüste Gobi gehen. Dass es dann gleich ein Lauf werden sollte, habe ich damals noch nicht geahnt. Doch jetzt 2014, war
Yukon, Klondike, Dawson City, Chilcoot Trail – diese klangvollen Namen faszinieren mich seit meiner Jugend. Denn damals habe ich „Alaska-Kid“ von Jack London regelrecht verschlungen und alle Abenteuer vom heimischen Sofa hautnah miterlebt. Deswegen war mir klar, dass ich ähnliche Abenteuer irgendwann selbst erleben möchte. Vor allem der Yukon, einer der mächtigsten und größten aller